Schweden


Frühe Besiedlung und Wikingerzeit

Die Geschichte Schwedens beginnt mit den ersten menschlichen Spuren nach dem Ende der letzten Eiszeit, etwa 12.000 v. Chr. Die ersten Siedler*innen lebten als Jäger*innen und Sammler*innen. Allmählich entwickelte sich eine sesshafte Gesellschaft, die Landwirtschaft betrieb und Dörfer gründete. Mit der Bronze- und Eisenzeit entstanden frühzeitliche Machtzentren und komplexere soziale Strukturen.

Im 8. bis 11. Jahrhundert prägten die Wikinger das Bild Skandinaviens maßgeblich. Die schwedischen Wikinger – auch als Waräger bekannt – reisten nach Osten, entlang der russischen Flüsse bis zum Schwarzen und Kaspischen Meer. Sie betrieben Handel, gründeten Siedlungen und beeinflussten die Entstehung der frühen russischen Staaten. Gleichzeitig festigten sich regionale Königreiche, die später zur Grundlage des schwedischen Staates wurden.

Christianisierung und Reichsbildung

Im 11. Jahrhundert begann die Christianisierung Schwedens, zunächst zögerlich und von germanisch-heidnischen Traditionen begleitet. Bis ins 12. Jahrhundert setzten sich das Christentum und die Organisation in Kirchensprengel durch. In dieser Zeit formierte sich auch das Königtum, und mehrere Dynastien kämpften um die Vorherrschaft. Die berühmte Schlacht von Gestilren 1210 markiert das Ende der heidnischen Zeit.

Das Mittelalter: Kalmarer Union und Aufstieg der Nation

Ab dem 13. Jahrhundert etablierte sich eine feudale Gesellschaft. Schweden expandierte nach Finnland, das bis ins 19. Jahrhundert Teil des Reiches blieb. 1397 wurde die Kalmarer Union geschlossen, ein Zusammenschluss von Dänemark, Norwegen und Schweden unter einer Krone. Die Union war jedoch von Machtkonflikten geprägt und zerbrach im frühen 16. Jahrhundert.

Der Aufstieg Gustav Wasas markierte 1523 den Beginn des modernen schwedischen Nationalstaats. Gustav Vasa führte Schweden aus der Union, begründete eine Erbmonarchie und stärkte die Zentralgewalt. In seiner Regentschaft wurde die Reformation eingeführt, das Land wurde lutherisch.

Das Zeitalter der Großmacht (17. Jahrhundert)

Im 17. Jahrhundert stieg Schweden zur europäischen Großmacht auf. Durch zahlreiche Kriege, darunter der Dreißigjährige Krieg (1618–1648), erlangte Schweden große Gebiete im Ostseeraum und hatte Einfluss von Norddeutschland bis ins Baltikum. Bedeutende Monarchen dieser Ära waren Gustav II. Adolf und Königin Christina.

Doch der Aufstieg war von ständigen militärischen Auseinandersetzungen geprägt. Im Großen Nordischen Krieg (1700–1721) verlor Schweden seine Führungsrolle. Mit dem Frieden von Nystad 1721 gingen viele Gebiete an Russland verloren, und Schweden wurde zur Regionalmacht zurückgestuft.

Zeitalter der Freiheit und der Aufklärung

Nach dem Großen Nordischen Krieg folgte das „Zeitalter der Freiheit“. Das Parlament, der Reichstag, gewann an Bedeutung, und es entstand eine frühe Form parlamentarischer Monarchie. Parteien wie die „Hüte“ und die „Mützen“ prägten die Politik. Die Zeit war von wirtschaftlichem Wandel, wissenschaftlichem Fortschritt und dem Einfluss aufklärerischer Ideen geprägt. Carl von Linné, Anders Celsius und weitere schwedische Gelehrte wurden weltbekannt.

Schweden im 19. Jahrhundert: Von Napoleon bis zur Moderne

1809 verlor Schweden Finnland an Russland. Im Zuge der napoleonischen Kriege wurde der französische Marschall Jean-Baptiste Bernadotte als Karl XIV. Johann schwedischer König und begründete das heutige Königshaus Bernadotte. 1814 zwang Schweden Norwegen in eine Personalunion, die bis 1905 bestand.

Im 19. Jahrhundert wandelte sich Schweden von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft. Die Industrialisierung brachte Eisenbahn, Maschinenbau, Holz- und Papierindustrie. Viele Menschen wanderten aus Armut nach Nordamerika aus. Gleichzeitig entwickelten sich soziale Bewegungen und eine frühe demokratische Kultur.

Das 20. Jahrhundert: Demokratie, Neutralität und Wohlfahrtsstaat

Im 20. Jahrhundert festigte sich die parlamentarische Demokratie. Das allgemeine Wahlrecht wurde eingeführt, soziale Reformen und Gewerkschaften stärkten die Gesellschaft. Schweden blieb in beiden Weltkriegen neutral, leistete aber humanitäre Hilfe und nahm Geflüchtete auf.

Nach 1945 baute das Land seinen Sozialstaat konsequent aus: Gesundheitswesen, Bildung und soziale Sicherung wurden vorbildlich. Firmen wie Volvo, Ericsson, SKF und IKEA machten Schweden global bekannt. Die Gleichstellung der Geschlechter und die Integration von Minderheiten wurden zu Leitideen der Politik.

Schweden heute: Herausforderungen und Chancen

Seit den 1990er Jahren hat sich Schweden weiter geöffnet. Das Land wurde 1995 Mitglied der Europäischen Union, behielt jedoch seine eigene Währung, die Schwedische Krone. Wirtschaftlich ist Schweden stark exportorientiert, innovativ und zählt zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz prägen die politische Debatte.

Gleichzeitig sieht sich Schweden Herausforderungen wie Migration, Integration, einer alternden Bevölkerung und Sicherheitsfragen gegenüber, insbesondere in Bezug auf die geopolitische Lage im Ostseeraum. Die jahrzehntelange Neutralität wurde angesichts veränderter Sicherheitslage überdacht; so startete Schweden 2022 den Beitrittsprozess zur NATO.

Schwedens Geschichte ist geprägt von Wandel, Umbrüchen und Innovationen – von den Siedler*innen der Steinzeit, über die Wikinger, Könige, Aufklärer*innen und Industriellen bis in die Gegenwart einer offenen, demokratischen Gesellschaft. Heute steht Schweden für Wohlstand, soziale Sicherheit, Gleichberechtigung und eine hohe Lebensqualität – und bleibt zugleich offen für die Herausforderungen der Zukunft.


Aber auch darüber werden wir sprechen müssen:


Die Situation der Sami in Schweden und Skandinavien - das indigene Volk im Norden Europas zwischen Tradition und Moderne

Die Sami sind das indigene Volk Nordskandinaviens und bewohnen traditionell das Gebiet Sápmi, das sich über die nördlichen Teile Norwegens, Schwedens, Finnlands und der russischen Halbinsel Kola erstreckt. Ihre Geschichte, Kultur und Lebensweise wurden über Jahrhunderte hinweg von den Bedingungen der arktischen Landschaft, politischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Veränderungen geprägt.

Historischer Hintergrund

Die Sami gelten als eines der ältesten Völker Europas, mit einer Geschichte, die sich viele tausend Jahre zurückverfolgen lässt. Ursprünglich lebten sie als Jäger*innen, Fischer*innen und Rentierzüchter*innen. Mit der Ausbreitung der skandinavischen Reiche, insbesondere ab dem Mittelalter, wurden die Sami zunehmend marginalisiert, christianisiert und ihrer traditionellen Rechte beraubt.

Bis in das 20. Jahrhundert hinein waren Diskriminierung und Assimilationspolitik an der Tagesordnung. Sami-Kinder wurden oft gezwungen, ihre Sprache aufzugeben und in Internatsschulen unterrichtet, in denen die samische Identität unterdrückt wurde.

Gegenwärtige Situation und rechtlicher Status

Heute leben schätzungsweise 80.000 bis 100.000 Sami in Skandinavien, davon rund 20.000 in Schweden. Die Sami werden in Schweden, Norwegen und Finnland offiziell als indigene Bevölkerung anerkannt. Dennoch unterscheidet sich ihr rechtlicher Status in den einzelnen Ländern:

  • Schweden: Die schwedische Verfassung erkennt die Sami als Volk mit eigenem kulturellem und sprachlichem Erbe an. Es gibt ein samisches Parlament (Sametinget), das beratende Funktion hat und den Staat in Fragen der Sami-Politik berät. Das Recht auf Land, Sprache und Kultur ist jedoch oft eingeschränkt, besonders im Hinblick auf traditionelle Rentierwirtschaft und Landnutzung.
     
  • Norwegen: Hier bestehen ähnliche Strukturen, das samische Parlament hat etwas weitergehende Kompetenzen. Norwegen hat zudem die ILO-Konvention 169 über indigene Völker ratifiziert, was den rechtlichen Schutz der Sami stärkt.
     
  • Finnland: Auch in Finnland gibt es ein samisches Parlament, das Einfluss auf kulturelle und sprachliche Belange hat, aber wenig Mitspracherecht bei Landrechten genießt.

Trotz offizieller Anerkennung sehen sich Sami in allen Ländern weiterhin Herausforderungen gegenüber: Der Zugang zu traditionellen Lebensräumen, Rentierweiden und natürlichen Ressourcen ist oft eingeschränkt, etwa durch Rohstoffabbau, Forstwirtschaft und Infrastrukturprojekte.

Kultur, Sprache und Identität

Die samische Kultur ist reich an Traditionen, Musik (Joik), Kunsthandwerk (Duodji), Erzählkunst und einer eigenen Weltanschauung, die eng mit der Natur verbunden ist. Es gibt mehrere samische Sprachen, von denen heute noch etwa neun aktiv gesprochen werden. Dennoch gelten die meisten als bedroht, da jahrzehntelange Diskriminierung und Verbote zu einem Rückgang der Sprecher*innenzahlen führten.

In Schweden und Norwegen gibt es Bemühungen zur Revitalisierung der Sprache, etwa durch samischsprachige Medien, Schulen und Kulturzentren. Dennoch bleibt der Erhalt der Sprache eine große Herausforderung, besonders für jüngere Generationen.

Wirtschaft und traditionelle Lebensformen

Die Rentierwirtschaft ist bis heute ein zentraler Bestandteil der samischen Kultur, obwohl nur noch ein kleiner Teil der Sami direkt davon lebt. Viele Sami arbeiten heute in anderen Bereichen, etwa im Tourismus, in der Verwaltung oder im kreativen Sektor. Gleichwohl bleibt das Recht auf Rentierhaltung ein wichtiger Identifikationsfaktor und ist durch nationale Gesetze geschützt – wenn auch oft mit Einschränkungen zugunsten anderer wirtschaftlicher Interessen.

Diskriminierung und gesellschaftliche Herausforderungen

Bis heute erleben viele Sami Diskriminierung, Vorurteile und rassistische Übergriffe. Die geringe Sichtbarkeit ihrer Kultur und Sprache in der Gesamtgesellschaft führt dazu, dass viele Sami ihre Identität verbergen oder nur im privaten Umfeld pflegen.

Besonders Konflikte um Landrechte, Jagd und Fischerei, aber auch um den Schutz von Kulturgütern, prägen weiterhin die Beziehung zwischen Sami und Mehrheitsbevölkerung. Nicht selten kommt es zu Auseinandersetzungen mit Unternehmen aus der Rohstoffindustrie, Windenergiebranche oder Forstwirtschaft, die die traditionellen Weidegebiete beeinträchtigen.

Politische Vertretung und internationale Zusammenarbeit

Die drei samischen Parlamente in Norwegen, Schweden und Finnland arbeiten zusammen im Samischen Rat, um gemeinsame Interessen zu vertreten. Auf internationaler Ebene engagieren sich die Sami im Rahmen der Vereinten Nationen und indigener Netzwerke für ihre Rechte.

Wichtige Themen sind dabei der Schutz der Sprache, die Anerkennung von Land- und Wasserrechten, die Partizipation bei politischen Entscheidungen und der Kampf gegen Diskriminierung.

Zur Begrifflichkeit:

Meine Großeltern und Eltern nannten die Sami noch "Lappen" und deren Land nicht "Sapmi", sondern "Lappland". Bis zur Dekade, in der ich geboren wurde in den 60er Jahren wurde dieser Sprachgebrauch verwendet.

Er ist herablassend und wird heute von dem indigenen Volk der Sami als diskriminierend empfunden. 

Der Begriff "Lappland" oder "Lappe" ist zwar etymologisch nicht ganz eindeutig und geklärt. Er geht auf den Begriff "Lop" in einer russischen Chronik um das Jahr 1000 zurück und bedeutet soviel wie "Randbewohner", "Bewohner der Randgebiete", was manchmal auch schnell den Gedanken "Außenseiter" assoziieren lässt. 

"Sami" heißt da vielmehr "Sumpfleute", was auf das Land anspielt, in dem sie sich bewegen, nämlich nördlich des Polarkreises, der im Winter hartgefroren und im Frühjahr schlammig und sumpfig auftaut - dem Moment aber, an dem die Sami ihre Rentiere auf die Weiden bringen und wie vor hunderten von Jahren mit ihren Tieren mitziehen.

Ich war schon mehrmals in Karasjok, der zweitgrößten Kommunalfläche Norwegens und dem Hauptsitz der Sami mit dem norwegischen Sameting [Samiparlament].

Die Sami sind ein ehrbares und stolzes Volk, das eng mit der Natur lebt und christliches und schamanisches Gedankengut ihrer alten Religion symbiotisieren kann. Meines Erachtens ein sehr guter synkretistischer Weg, der von den manchmal unzulänglichen Kirchenstrukturen entfernt und hinführt zu dem, was auch Jesu predigte: dem Einklang mit des Schöpfers Werk, das allem voran in der Vielfalt der uns umgebenden Natur zu erleben ist und den konkretisiert, der hinter allem steht: Gott.

Die Lage der Sami in Schweden und Skandinavien ist von Fortschritten und Herausforderungen gleichermaßen geprägt. Einerseits gibt es offizielle Anerkennung, eigene Parlamente und Initiativen zur Bewahrung der Kultur. Andererseits bestehen weiterhin strukturelle Benachteiligungen, Bedrohungen für Sprache und Lebensweise sowie Konflikte um Land und Ressourcen.

Der Erhalt der samischen Identität und Rechte bleibt ein zentrales Anliegen, das kontinuierliches Engagement von Gesellschaft und Politik erfordert – damit Sápmi als Heimat der Sami auch für zukünftige Generationen lebendig bleibt.

Wir in Deutschland sehen uns der Aufgabe gegenüber Menschen, die zu uns fliehen, Heimat zu geben. In Schweden und Skandinavien aber geht es darum dem ursprünglichen indigenen Volk der Sami ihre Heimat zu erhalten und sie integrativ ernst zu nehmen - auch wenn sie zahlenmäßig eine Minderheit darstellen. Sie sind die wohl ursprünglichsten Bewohnerinnen und Bewohner Skandinaviens.

Lernen wir Respekt und Achtsamkeit!