Mittwoch • 16. Juli 2025
- Delphi / Schweigetag -
- Schweige, fühle, höre - es geht um die Zukunft -
Sehr kurzes Morgengebet |
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Lied: "Kommt in sein Tor mit dankbarem Herzen"
Gebet
Gott,
wenn Du der bist, der schon immer war und immer sein wird und alles erschaffen hat, dann weißt Du auch, was die Zukunft bringt.
Wir wissen es aber nicht; und wir würden es gerne wissen.
Vor allem die jungen unter uns, denn deren Leben liegt noch vor ihnen und sie wollten gerne ein erfülltes, gelungenes und gutes Leben erwarten.
Andererseits können wir vieles ahnen, was uns bevorsteht, wie sich Politik ändert, wirtschaftliche Umstände ändern und wie sich die Natur als Lebensraum verändern wird.
Hilf uns an den Zeichen der Zeit zu erkennen, was uns bevorsteht.
Und gib uns den Mut zu handeln, wenn wir dabei erkennen, dass sich Dinge ändern müssen, damit der Friede der Welt und der Lebensraum der Menschen erhalten bleibt.
Amen.
Lied: "Laudate omnes gentes"
Hinweise zum Schweigen
Das Schweigen gehört als Übung ebenso zur Selbsterfahrung und zur Selbsterkenntnis.
Auf der Fahrt in Barcelona hat es überraschend gut geklappt.
Die Regeln:
Bereits jetzt zum Frühstück herrscht Schweigen. Ausgenommen Dinge, die man mitteilen muss, wie z.B.: „Darf ich bitte die Marmelade haben?“, oder natürlich die Infos, die man sich beim Abräumen und Spülen mitteilen muss.
Auf dem Weg in den Fahrzeugen herrscht ebenfalls Schweigen.
In Delphi ist für die inhaltliche Arbeit natürlich das Sprechen erforderlich, aber eben nur zur Sache.
Mit dem Tischgebet im Restaurant in Delphi endet das Schweigen. Zum Abendessen sprechen wir wieder.
Auf „Umwege“ wird verzichtet, also Unterhaltung per WhatsApp, Zettelchen schreiben, Handzeichen, etc.
Wenn sich jemand verletzt oder eine Gefahr besteht [z.B. es will jemand über die Straße gehen und übersieht ein heranfahrendes Auto], dann versteht es sich von selbst, dass man nicht schweigt, sondern mitteilt, warnt, etc!!! Das sollte man aber nicht extra erwähnen müssen!
Nutzt das Schweigen dazu Euch selber zu erfahren. Findet heraus, wie sehr Ihr mit der Stille, mit Euch selber, mit der besonderen Situation im Miteinander umgehen könnt.
Ihr dürft dabei aber auch erfahren, dass so viele Worte, die wir täglich tun, gar nicht so notwendig sind und doch so manches überflüssig ist, was an Sturzbächen von Worten so den Tag über aus unserem Mund kommt.
Delphi
Wissensfakten:
Delphi wurde früher „Pytho“ genannt und liegt am Hang des Parnass-Gebirges.
Angeblich stellt Delphi den Mittelpunkt der Erde dar. Zeus habe von beiden Enden der Erde jeweils einen Adler starten lassen und diese trafen sich dann hier in Delphi. Markiert ist dieser Punkt bis auf den heutigen Tag durch den Omphalos, einen bienenkorbförmigen Stein, der sich vor dem Schatzhaus der Athener befindet. Ist aber nur eine Kopie. „Omphalos“ heißt auch „Nabel der Welt“ und so wurde das auch verstanden: Delphi als Nabel der Welt.
Heute wird man denken: „War da wirklich so viel los?“. Oh ja, das werdet Ihr noch sehen.
Der griechischen Mythologie nach hauste hier eine geflügelte Schlange, die Python, die die Tochter der Gaia [Erdmutter] und dem Erdschlamm war. Später wurde in der Dichtung und Schreibung aus der weiblichen Python ein männlicher Python.
Diese geflügelte Schlange konnte die Zukunft voraussagen.
Hera, die Frau des Zeus, war die Enkelin der Gaia und mords eifersüchtig [im wahrsten Sinne des Wortes] auf ihren Mann, den Zeus. Als der mal wieder fremd ging, diesmal mit Leto, und die schwanger wird, hetzt sie Python auf Leto los, damit die Schlange die Leto und die Kinder fresse.
Aber die Schlange fand Leto nicht und bringt auf der Insel Delos gleich Zwillinge auf die Welt: Artemis und Apollon.
Apollon wächst heran und sinnt auf Rache an Python. Er findet Python natürlich in Pytho [also dem späteren antiken Delphi], besiegt die Schlange und deren Blut sickert in die Erde. Damit überträgt das Blut auch die hellseherische Fähigkeit auf diesen Flecken Erde und auf Apollon, der in Delphi die Zukunft voraussagt.
Durch diesen hohen Anspruch….
- Pytho [später Delphi] ist der Nabel der Welt.
- Es ist der Ort der/des Python, den Apollo höchstpersönlich hier tötete.
- Die Erde beinhaltet durch das Blut der/des Python die Fähigkeit die Zukunft vorauszusagen.
- Die Voraussagen geschehen durch Apollo höchstpersönlich
…avancierte Pytho, das dann später in Delphi umbenannt wurde, zu einem Wallfahrtsort.
Wer seine Zukunft wissen sollte, kam nach Delphi.
Daraus erwuchs eine ganze „Wallfahrtsindustrie“.
Es wurde der Apollotempel gebaut [zuvor gabs hier einen Zeustempel] und es wurde die Vorhersagerei „verwaltet“:
- Zuerst mal musste Apollo ein Opfer gebracht werden [möglichst ein Stier], damit der auch für seine Gnade die Zukunft vorauszusagen entlohnt und wohlgestimmt wird. Das fand vor dem Tempel auf dem Opferaltar statt.
- Wer in den Apollo-Tempel wollte, in welchem die Zukunft vorausgesagt wurde, musste dann für den Eintritt bezahlen.
- Dann musste er den Priestern ordentlich wertvolle und teure Gaben mitbringen [z.B. Gold, etc.], damit das Orakel überhaupt geschehen kann.
Das war ein einträgliches Geschäft und Delphi wurde richtig reich.
Nun fragt Ihr Euch vielleicht:
Und wenn die Zukunft, die das Orakel voraussagte, nicht eintrat? Bekam man dann das Geld zurück?
Auch daran hat man gedacht.
Die Weissagung geschah nicht im öffentlichen Teil des Tempels, sondern hinter verschlossenen Türen.
Dort saß die Pythia [das ist kein Name, sondern eine Bezeichnung – und der Name „Pythia“ zeigt, dass sie als Priesterin des Apoll die Rolle der/des Python einnimmt um die Zukunft vorauszusagen] auf einem dreibeinigen Stuhl über einer Erdspalte, aus der schwefelhaltige oder ethylenhaltige Gase strömten und die Pythia in einen Rausch versetzten.
Dabei erhält sie angeblich von Apoll direkt die Vorhersagen.
Aber wie das so ist mit Menschen, die besoffen oder high sind………sie reden wirres Zeugs.
Daher gab es die weiteren Priester des Tempels, die das wirre Gerede der Pythia deuten und dem Bittsteller, der eine Vorhersage wünschte, übermitteln mussten.
Dabei formulierten sie die Weissagung immer doppeldeutig, so dass es so oder so ausgelegt werden konnte.
Folgende berühmte Geschichte:
Der lydische König Krösus wollte wissen, ob er bei der bevorstehenden Schlacht gegen die Perser im Jahr 546 v.Chr. eine Chance hat. Die Priester brachten als Antwort von der Pythia die Aussage:
„Wenn Du den Fluss Halys überschreitest, wirst Du ein großes Reich zerstören.“
Der Fluss „Halys“ heißt heute Kizilirmak und war zur Zeit des Krösus der Grenzfluss zwischen den Lydern und den Persern.
Nur, das Reich, das Krösus beim Überschreiten des Halys zerstörte, war sein eigenes……….
Auf diese Weise konnte man dem Orakel von Delphi kaum vorwerfen, es habe nicht richtig geweissagt.
Das Heiligtum von Delphi hatte zwei Bezirke.
Den des Apollon, den man als Hauptheiligtum bezeichnen kann.
Den der Athene, östlich der Landstraße.
Ihr könnt jetzt wieder allein, zu zweit, in kleine Gruppen das Gelände selbständig erkunden.
Denkt an das Schweigen. Wer es in Gemeinschaft nicht aushält, geht INNERHALB DER TEMPLEBEZIRKE besser alleine.
Wenn Ihr die Straße überquert, achtet auf den Straßenverkehr. Da die Überquerungsstelle an einer Kurve liegt, kann schnell ein Unfall passieren. Wenn Ihr also von einem Tempelbezirk zum anderen wechselt, GEHT IHR IN GRUPPEN VON WENIGSTENS FÜNF.
Nehmt Euch Zeit die QR-Links zu betrachten. Sie erzählen Euch über die Anlage des Apoll [Ihr habt die Wahl zwischen 15 und 22min, letzteres ist ausführlicher] und folgen dem Heiligen Weg.
Ein weiterer Link erzählt Euch die Geschichte des Apoll bis zum Kampf mit Python.
Auf den Seiten danach ist dann wieder Kartenmaterial verfügbar, mit dem Ihr Euch in den beiden antiken Tempelbezirken zurechtfinden werdet.
Aufgabe
Für den Aufenthalt bekommt Ihr eine Aufgabe, die auf Seite 183 beschrieben ist.
Wie aus der Geschichte Delphis erkennbar ist, ist es ein Grundverlangen des Menschen das Unbekannt [vor dem er in der Regel aus seine Evolutionsgeschichte heraus Angst hat] zu kennen [um es nicht mehr fürchten zu müssen]. Dazu gehört auch die Zukunft, die niemand wissen kann.
Die Zukunft voraussagen kann niemand; auch die nicht, die es von sich behaupten.
Aber wer sich – hier kommt auch Bildung ins Spiel – mit Geschichte und der Gegenwart befasst, kann auch Schlüsse daraus ziehen, welche Entwicklungen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben könnten.
Die Gnade der Menschheit in die Zukunft hineindenken zu können ist zugleich aber auch Verpflichtung.
Sokrates sieht dies zum Beispiel auch so und bringt es so zum Ausdruck:
Η σωστή δράση ακολουθεί τη σωστή σκέψη. || „Rechtes Handeln folgt dem rechten Denken.“
Für Sokrates ist es Pflicht aufgrund der Erkenntnis auch zu handeln und das Erkannte weiterzugeben und in die Tat umzusetzen bzw. darauf aktiv zu reagieren.
Platon, sein Schüler, übernimmt dies dann im Höhlengleichnis. Wer das Licht außerhalb gesehen hat [und somit die Wirklichkeit erkennt], steht in Verantwortung wieder zu denen zu gehen, die noch in der Dunkelheit der Höhle sitzen, um auch sie ans Licht zu führen.
Erkenntnis ist also Verpflichtung.
Daraus entstehen z. B. auch so Aktionskreise wie „Friday for future“, Amnesty International, Green Peace, die etwas erkannt haben und dies anderen mitteilen, damit auch sie erkennen und notwendige Änderungen [Umweltschutz, Friedensbewegung, etc.] geschehen können zum Wohle aller.
Selbst in der Heiligen Schrift, im Evangelium des Matthäus, kritisiert Jesus die Gelehrten, dass sie zwar anhand der meteorologischen Phänomene das Wetter voraussagen können, aber was sich gerade ethisch, moralisch, religiös, kulturell, politisch, gesellschaftlich und militärisch anbahnt, das können Sie nicht vorhersagen:
Matthäusevangelium, Kapitel 16, Verse 1 bis 4
Da kamen die Pharisäer und Sadduzäer zu Jesus, um ihn zu versuchen.
Sie forderten von ihm, ihnen ein Zeichen vom Himmel zu zeigen.
Er antwortete ihnen:
„Wenn es Abend wird, sagt ihr:
»Es kommt schönes Wetter; denn der Himmel ist feuerrot.«
Und am Morgen sagt ihr:
»Heute kommt schlechtes Wetter, denn der Himmel ist feuerrot und trübt sich ein.«
Das Aussehen des Himmels wisst ihr zu beurteilen, die Zeichen der Zeit aber könnt ihr nicht beurteilen. Diese böse und treulose Generation fordert ein Zeichen, aber es wird ihr kein anderes gegeben werden als das Zeichen des Jona.“
Und er ließ sie stehen und ging weg.
Deine Aufgabe ist folgende:
Nimm Dir Zeit Vergangenheit und Gegenwart zu überdenken.
Vergangenheit und Gegenwart der Welt, unseres Landes und Deines Lebens.
Welche Schlüsse ziehst Du daraus für die Zukunft?
Es geht nicht darum, dass diese Schlüsse tatsächlich eintreffen, sondern dass Du Dir Gedanken machst und erkennst, dass das Befassen mit der Vergangenheit, der Gegenwart und der möglichen Zukunft ein wichtiger Bereich des Menschseins ist und dass es dabei auch und ganz besonders auf DICH ankommt!
Wo wird die Welt, unser Land und Du selber in 10 Jahren stehen? Wie werden sich diese drei Bereiche in den nächsten 10 Jahren verändert haben? Schreibe Deine „Prophezeiung“ auf das Arbeitsblatt, stecke es in den hier eingeklebten Umschlag und klebe ihn zu. Schau in 10 Jahren nach, inwieweit das, was Du aufgeschrieben hast, Realität geworden ist.
Deine persönliche Prophezeiung zeigst Du niemandem [außer Du willst es unbedingt jemandem zeigen].
Abendimpuls |
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Lied: "Mit dankbarem Herzen"
Plenum
Wir wollen am Abend nochmals gemeinsam die Eindrücke des Tages in den Raum stellen und etwas fokussieren, das uns auffallen muss:
Über dem Eingang zum Tempel des Apollon in Delphi stand früher unser Reisemotto:
γνῶθι σεαυτόν | Erkenne Dich selbst
Das muss uns in Besonderem auffallen, denn die Menschen, die nach Delphi kamen, wollten die Zukunft erfahren.
Eine Selbstreflexion war nicht deren erstes Interesse.
Dass aber über dem Tempeleingang – fast wie eine Mahnung – steht, man solle sich [besser] selber erkennen, ist auch ein philosophischer Grundzug, der sich eigentlich rund 60 Jahre später wieder bei Sokrates findet. Für ihn ist die erste Disziplin der Erkenntnis überhaupt die Selbsterkenntnis.
Es deckt sich auch mit unserer Übung heute:
Wir brauchen keine Wahrsagerei. Wenn wir uns engagiert mit der Vergangenheit und Gegenwart – auch und vor allem mit der eigenen – befassen, erschließen sich für uns die Möglichkeiten von Entwicklungen, die aufgrund der gemachten Erfahrung und Erkenntnis eintreten können.
Dadurch erhalten wir zum einen ein klareres Bewusstsein über uns selbst [Selbstbewusstsein], aber auch mehr Agierungsmöglichkeiten in unserem eigenen Leben, aber auch in Staat, Gesellschaft, Glaube, etc.
Natürlich führte auch der Besuch des Orakels von Delphi bei den Menschen unter Umständen zur Selbsterkenntnis. Für Krösus zum Beispiel zeigte sich, dass er erkannte, dass er nicht unbesiegbar ist, sein Schicksal mit seinen Kindern annehmen muss [ein Sohn verstarb als Kind, der andere war stumm] und aufhören sollte die verschiedenen Orakel in Griechenland gegeneinander auszuspielen.
Vater Unser
Segen
Lied: „Herr, gib uns Mut zum Hören“