Mittwoch • 09. Juli 2025

- Akropolis und die Demokratie-
- Hat das sein müssen? -
- Jetzt müssen wir alle frei und verantwortlich sein....-


Morgenimpuls

Lied: "Lobet und preiset, ihr Völker, den Herrn!"


Übung zur Demokratie und selbstbestimmten Freiheit

In der folgenden Übung arbeiten immer zwei miteinander. Eine Person liest der anderen Aufgaben von einem vorgefertigten Zettel vor.

Dabei gibt es unverfängliche, wie zum Beispiel: „Bitte hol mir ein Glas Mineralwasser!“, wie auch Aufgaben, die nach unserem demokratischen Verständnis Widerstand und Widerspruch unbedingt erfordern, wie zum Beispiel: „Sag den Satz: Ausländer raus! Denn sie gehören nicht in unsere Kultur!“

Der/Dem Hörenden ist es überlassen, ob sie/er die ihm gestellte Aufgabe erfüllt oder nicht und wie er damit umgeht.

Aber auch der/dem Lesenden ist es überlassen, ob die Aufgabe überhaupt vorgelesen und gestellt wird.

Nach einer vorgegebenen Zeit gibt es einen Rollenwechsel.

Am Ende besprechen beide, wie es ihnen mit der Übung gegangen ist.

Dann wird dies im Plenum ausgewertet.

Sinn der Übung ist aufzuzeigen, dass manche Aufgaben gegen die Überzeugung trotz innerem Widerspruch erfüllt worden sind.

Demokratie aber lebt von selbstverantworteter und aus dem Gewissen genährter Freiheit, von der Gleichberechtigung aller Menschen und der Wahrung der Freiheit und Würde einer jeden Person!

Hier braucht es die persönliche Entscheidung nicht mitzumachen, wenn es der eigenen Überzeugung widerspricht und eine eigene Position zu beziehen, Protest zu erheben und Widerstand zu leisten.


Die Anleitung

Sucht Euch eine Partnerin oder einen Partner.

Dann macht miteinander aus, wer Nummer 1 und wer Nummer 2 ist.

Nummer 1 fängt an.

Es gibt für diese Übung keine Vorgaben, außer dass Nummer 1 einiges vorliest, das auf einem Zettel dieser Person gegeben wird.

Wie Nummer 2 darauf reagiert, das ist nicht vorgegeben. Das entscheidet Nummer 2.

Nach einer angemessenen Zeit werden die Rollen getauscht und Nummer 2 liest Nummer 1 einiges vor.

Auch hier gibt es keine Vorgaben. Wie Nummer 1 mit dem umgeht, was Nummer 2 sagt, das ist Nummer 1 überlassen.

Kommentiert oder diskutiert während der Übung nichts.

Wenn beide Durchgänge bewältigt sind, besprecht miteinander, wie es Euch mit der Übung gegangen ist.

Dann tauschen wir uns im Forum aus.

Diese Übung hat einen ernsten Hintergrund und wird Euch stark provozieren.

Überlegt Euch sehr gut, wie Ihr diese Übung ausführt!


Die Auswertung

Im Plenum wird auf folgende wichtige Punkte hingewiesen:

  • Auch bei einer Anweisung bleibt die Freiheit der Person gewahrt.
     
  • Von dieser Freiheit heißt es Gebrauch zu machen, wenn das Gewissen es empfiehlt.        
     
  • Bei den Aufgaben waren welche dabei, die den christlichen und demokratischen Werten widersprechen. Hier ist Widerstand gefragt. Wer gegen sein Gewissen zulässt, dass diese Werte negiert werden, macht sich mitschuldig; so, wie wenn man auf dem Schulhof tatenlos zusieht, wie eine Person von anderen verspottet oder tätlich angegriffen wird.          
     
  • Erfahren Systeme, die die Menschenrechte und die Würde des Menschen aushebeln, keinen Widerstand, breiten sie ihre Macht aus – mitschuldig sind auch die, die erkennen und untätig bleiben.
     
  • Zudem heißt Selbständigkeit auch immer verantwortete Freiheit nicht nur der Gesellschaft, sondern auch sich selbst gegenüber.
     
  • Bereits Petrus kannte das Problem, wie der Auszug aus dem Zweiten Brief des Apostels Petrus zeigt:

Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Petrus
- auszugsweise -

Es gab aber auch falsche Propheten im Volk, wie es auch unter euch falsche Lehrer geben wird. Sie werden Verderben bringende Irrlehren einschleusen und den Herrn, der sie freigekauft hat, verleugnen. […]

Und ihren Ausschweifungen werden sich viele anschließen und ihretwegen wird der Weg der Wahrheit in Verruf kommen. In ihrer Habgier werden sie euch mit erdichteten Worten zu kaufen versuchen […]

Sie lassen sich von der schmutzigen Begierde ihres Körpers beherrschen und verachten die Macht des Herrn. Diese frechen und anmaßenden Menschen schrecken nicht davor zurück, die überirdischen Mächte zu lästern. […] Sie lästern über Dinge, die sie nicht verstehen. […]

Sie halten es für ein Vergnügen, bei Tag ein üppiges Leben zu führen; Schandflecke und Makel sind sie, die in ihren Betrügereien schwelgen, wenn sie zusammen mit euch prassen. Sie sind unersättlich in der Sünde. Sie ködern ungefestigte Seelen; ihr Herz ist in der Habgier geübt, sie sind Kinder des Fluches. Sie haben den geraden Weg verlassen und sind in die Irre gegangen. […]

Diese Menschen sind Quellen ohne Wasser […]

Sie führen geschwollene und nichtssagende Reden; in ihren fleischlichen Begierden ködern sie durch Ausschweifungen die Menschen, die sich von denen getrennt haben, die im Irrtum leben. Freiheit versprechen sie ihnen und sind doch selbst Sklaven des Verderbens; denn wem jemand unterliegt, dessen Sklave ist er. […]

Auf sie trifft das wahre Sprichwort zu: Der Hund kehrt zurück zu dem, was er erbrochen hat, und: Die gewaschene Sau wälzt sich wieder im Dreck.


„Vater Unser“ und Segen


Lied: „Die Sache Jesu braucht Begeisterte“


Akropolis


Wissensfakten:

Aκρόπολις“ [Akropolis] ist ein allgemeiner Begriff und nicht für die Akropolis von Athen reserviert.

Das Wort besteht aus den Begriffen „ἄκρος“ [höchste, oberste, hochgelegenste, erhöhte] und „πόλις“ [Stadt].

Ursprünglich war eine Akropolis eine „Oberstadt“ im Sinne einer Festung. Innerhalb dieser Burganlage siedelten sich die Bürger an. Die erhöhte Position verlieh einen weiten Überblick über das Gelände und die Möglichkeit eventuelle Feinde schnell zu erkennen. Zudem ist eine hochgelegene Burg schwerer einzunehmen.

Das Prinzip einer Akropolis findet sich auch außerhalb Griechenlands. Z.B. der Palatin in Rom als Ursiedlung Roms. Die Bürger wohnten auf dem Palatin und das Forum Romanum war noch eine Sumpfniederung. Dort allerdings traf man sich um zu besprechen, was die Bürgerschaft bewegt.

Oder z.B. Cité de Carcassonne in Frankreich, die Alhambra in Granada, die Oberstadt in Bregenz, Himeji in Japan.

Die Akropolis also war eine Festungsburg, die den Herrscher [= ἄναξ („Anax“, was zugleich Hochkönig als auch Götterkönig bedeutet)] und die Bürger*innen schützen sollte. 

Irgendwann wird so eine Burg zu klein. Ist sie aufgrund der geologischen Lage nicht erweiterbar, siedelten sich weitere Bürger*innen um die Festungsanlage herum an und man zog eine Stadtmauer ein. Im Falle Athens war es die Pelasgische oder zyklopische Wehrmauer.

Sichergestellt war immer ein geschützter Zugang, aber auch eine interne Wasserquelle – möglichst mit Zisternen, damit im Falle einer Belagerung die Wasserversorgung sichergestellt werden konnte.

Neben Amts- und Regierungsgebäuden wurde auch der Glaube durch Tempel repräsentiert, damit die Götter in der Stadt wohnten, um diese und ihre Bürger*innen zu beschützen.

Die griechischen Städte waren Stadtstaaten und hatten ihre Könige, waren also Monarchien. Diese Epoche vor dem 7. Jh. v. Chr. war geprägt von permanenten Streitigkeiten und kriegerischen Handlungen zwischen den Stadtstaaten.

Je nach Problemen, die die Stadtstaaten hatten, meinten manche: „je härter der Herrscher, umso besser die Ordnung“. Diese Haltung kehrt in der Geschichte der Menschheit immer wieder und bildete oft den Ausgangspunkt für Tyranneien oder Diktaturen, wie der Nationalsozialismus, das Regime in Nordkorea, oder der sich in der Gegenwart ausbreitende politische Extremismus. 

Der Ruf nach einer „Strengen Ordnung“, die „mal wieder durchgreift“, scheitert meist an der Umsetzung.
Man erkennt Ähnliches auch in dem Satz: „Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder!“


Um das 7. Jh. lösten reiche und einflussreiche Familien die Monarchie ab und bildeten eine Aristokratie. Die “Adligen“ teilten sich die Regierungsaufgaben unter sich auf.

Die Situation in Athen besserte sich aber nicht. Durch die Kolonialpolitik wurden Wein- und Oliven-Exporte sehr lukrativ, da sich in den eroberten Gebieten, vor allem an den Küstengebieten des Mittelmeeres und der Schwarzmeerküste, viele Siedlungen bildeten und sich ein starkes Bevölkerungswachstum einstellte. Wein und Oliven wurden dort benötigt.

Die bisherige Landwirtschaft litt darunter, da Weinanbau und Olivenanbau favorisiert wurden. Kleinbauern wurden ärmer (und da sie mit Leib und Leben hafteten, verloren nicht wenige von Ihnen die Freiheit und wurden als "Pfand“ zu Sklaven der Reichen), soziale Spannungen machten sich breit und der innere Friede Athens war gefährdet.

Zudem stellte Athen kein professionelles Heer, sondern ein Bürgerheer auf [„Hoplitenheer“], das in die Schlacht zu ziehen hatte.

Um es einfach auszudrücken: Wenn schon die Bürger verpflichtet wurden ihr Leben aufs Spiel zu setzen, dann wollten sie auch mitreden.

Da der innere Friede Athens gravierend in Mitleidenschaft gezogen war, forderten die Bürger*innen einen „Schlichter“, einen sogenannten Archonten. Man kann ihn mit einem Oberbürgermeister vergleichen, hatte aber mehr Vollmachten.

Er reformierte den Stadtstaat Athen insofern, als die Bürger mehr Mitbestimmung bekamen, die Kleinbauern wieder aufgebaut wurden und die Schuldversklavung abgeschafft wurde, so dass die versklavten Kleinbauern wieder Freie waren. Eine Haftung mit Leib und Leben wurde abgeschafft.

Stattdessen wurde den Bürgern ein Beteiligungsrecht bei wichtigen Angelegenheiten der Stadt Athen eingeräumt und zugleich zur Pflicht erhoben.

Aus dem bisherigen Adel und den bisherigen Archonten entstand der Areopag. Der tagte auf dem Areopag (daher sein Name), einem 115 m hohen Felsen nordwestlich der Akropolis mitten in Athen (das ist aber nicht der Lycabettus!) Nicht ganz korrekt im Vergleich kann man ihn als „Parlament“ oder auf die Stadt bezogen als „Stadtrat“ bezeichnen, der aber alle Gewalten vereinigte: religiös-sakrale, Legislative, Jurisdiktion und Exekutive.

Perikles, ein führender Staatsmann Athens, wird später einmal sagen, dass ein Bürger, der sich nicht politisch engagiert, sondern passiv bleibt, oder dem alles egal ist, nicht ein stiller, sondern ein schlechter Bürger ist.

Oder heute formuliert: Wer erkennt und schweigt ist mitschuldig an dem, was passiert.


Nach Solon reformierte Kleisthenes diese ersten demokratischen Ansätze weiter. Sein verdienst war die Schaffung von Gleichberechtigung. Nicht Stand, Vermögen, Macht waren ein Kriterium des Rechts der Mitbestimmung, sondern die Bürgerschaft als solche. Anfangs funktionierte das nicht gleich, da sich die bisher einflussreicheren und mächtigeren Oberschichten dagegen wehrten.

Aber die Demokratie war nicht mehr aufzuhalten.

Als die Perser versuchten Athen zu erobern und an der Küste Marathons mit ihren Kriegsschiffen landeten, war es genau die Demokratisierung, die die Bürger*innen motiviert, sich gegen die doch starke Übermacht der Perser zu wehren. Es war dieses Mal keine „Entscheidung von oben“, sondern eine Entscheidung der Bürgerschaft in den Krieg zu ziehen. Dazu wurden auch Sklaven freigelassen, um das Hoplitenheer zu verstärken.

Die Griechen gewannen die Schlacht bei Marathon und verbanden den Erfolg auch mit der reformierten und demokratisierten Struktur Athens.

Dies gab Aufschwung die Demokratisierung weiter fortzuführen. In den Folgejahren wurde sie immer weiter ausgebaut und erweitert.

Es kam zu Volksversammlungen, Scherbengericht, Wahlen.

Perikles [seine Mutter war Nichte des Kleisthenes] führte die Diäten ein. Ausgehend davon, dass ja durch die Gleichberechtigung auch arme Bürger politisch aktiv sein durften, sorgten die Diäten dafür, dass sie eine wirtschaftlich existenzielle Basis hatten und durch ihr politisches Engagement nicht noch ärmer wurden.

Die Gewalten wurden mehr und mehr geteilt, der Areopag entmachtet, der Adel begrenzt, damit er keine Aristokratie mehr ausrufen kann.

Rund 140 Jahre lang bestand in Athen eine direkte Demokratie, deren höchste Instanz dann die Volksversammlung war.

Eine „echte“ Demokratie im Sinne des Wortes, dass das „Volk regiert“, war die attische Demokratie nicht.

Um politische Ämter zu begleiten, musste man in Athen geboren sein oder zumindest von „echten Athenern“ abstammen.

„Zugezogene“ hatten keine Chance.

Auch konnte zur Vollversammlung nur Zugangsberechtigung erhalten, wer seinen Militärdienst abgeleistet hatte, 20 Jahre alt war, männlich und in die Bürgerliste eingetragen war. Zugezogene, Frauen, Sklaven und Kinder waren außen vor.

Beschlussfähig war die Versammlung, wenn 6.000 Stimmberechtigte anwesend waren, was 20% der insgesamt stimmberechtigten Bürgerschaft ausmachte. Daher sprach man bei 6.000 Anwesenden bei der Volksversammlung auch von „der Fülle des Volkes“.

Mathematisch gesehen bedeutet das aber, dass auch in dieser Demokratie eine Minderheit des ganzen Volkes über die Mehrheit des ganzen Volkes bestimmte.

Das sollte man nicht vergessen, wenn die attische Demokratie glorifiziert wird. Sie ist die Wiege des demokratischen Denkens, aber nicht vollkommen.

In dieser Zeit avancierte die Akropolis von der ursprünglichen Wehrburg hin zu einem politischen und kulturellen wie religiösen Zentrum.

Perikles ließ die Akropolis, da Athen im Attischen Seebund [eine Allianz von Athen mit vielen griechischen Städten gegen die Perser und andere potentiellen Feinde] eine unbestrittene Vormachtstellung hatte und die Akropolis als Wehrburg nicht mehr von Nöten war, zum Zentrum von Macht, Glaube, Demokratie, Kultur ausbauen.

Die Monumentalbauten der damaligen Zeit sollten allen zeigen: „Wir sinds!“ War ja auch für eine lange Zeit so.

Findet Euch nun zu kleinen Gruppen zusammen und erkundet die Akropolis und das dazugehörige Areal mit den Theatern.

Dazu findet Ihr auf den nächsten Seiten eine Rallye, die Euch am Ende ein Zitat aus der Bibel benennt, in dem Jesus die Demokratie fordert. Jesus war intelligent und kannte die Geschichte. Ihm war Demokratie nicht fremd.

Die Tatsache, dass der demokratische Grundansatz auch in der Bibel zu finden ist, ist der Grund, weshalb Menschen wie Euer Pfarrer der die Lehre Jesu vertritt, in gewissen Staaten, die die Demokratie ablehnen, nur mit hohen Auflagen und zum Teil mit dem Verweis auf die drohende Todesstrafe einreisen darf.

Viel Spaß bei der Rallye. Ihr habt Zeit bis 13:00 Uhr. Wir treffen uns dann am Ticket-Office. Vergesst nicht zu trinken, um nicht zu dehydrieren!!!!
 

 


Das Gefängnis des Sokrates • Griechische und Römische Agora

Da nach neuen Erkenntnissen das als Gefängnis des Sokrates ausgewiesene Höhlengebäude nichts anderes als womöglich ein in Fels gehauenes Wohnhaus darstellt, wird vermutet, dass Sokrates im damaligen Staatsgefängnis inhaftiert war. Dieses befindet sich auf der griechischen Agora, so dass wir sofort dort hingehen – am Areopag vorbei. Dort schauen wir uns das Video an, das in einer rekonstruktiven Zeichnung das Aussehen des damaligen Gefängnisses visualisiert:


Wieso war Sokrates im Gefängnis?

Sokrates war der Überlieferung des Diogenes Laertios nach zwar wie sein Vater Steinmetz und Bildhauer, aber aufgrund seiner klassischen Schule hielt er sich lieber auf den Marktplätzen auf und diskutierte mit den Menschen über alles, was das Leben des Menschen betrifft.

Dabei stellte er sich immer stets unwissend und fragte die Diskussionspartner genauer nach, wenn sie eine Behauptung aufstellten, ob diese denn auch schlüssig war oder nicht.

Auf diese Weise führte er viele Menschen zu der Erkenntnis, dass sie ihre Gedanken nicht zu Ende gedacht, oder nur oberflächlich überlegt hatten und ihre Stimmigkeit zu wünschen übrig ließ.

Solange die Diskussionspartner privat waren, war dies noch interessant, aber er stellte mit seiner Art auch Politiker, Priester, Gelehrte in Frage. Dies fanden jene aber alles andere als amüsant.

Vor allem kritisierte er die Lebensstile der damaligen Gesellschaft und kündete den Niedergang der Demokratie an. Er erkannte schnell, dass die Freiheit des Willens des Individuums falsch verstanden wurde und Freiheit als Willkür praktiziert wurde. Diese aber lehnt jegliche Autorität ab, weil sie sie als Einschränkung wahrgenommen wird. Pflichten wurden mehr und mehr als Zwang wahrgenommen und diese Entfremdung der Gesellschaft zu sich selber führte dazu, dass die Politiker begannen nicht zu regieren, sondern den Menschen zu schmeicheln, um ihre [Wähler-] Gunst zu bekommen.

Da Werte immer auch begrenzend sind zum Wohle der Gesellschaft und der Allgemeinheit, werden auch diese mehr und mehr abgelehnt und als Gängelung empfunden.

Dies hat nach Sokrates auch Konsequenzen im sozialen, politischen, religiösen, wirtschaftlichen Bereich und gefährdet den inneren Frieden.

Die sich dann mehr und mehr breitmachende Unzufriedenheit wird cachiert mit Äußerlichkeiten. Zunehmendes zügelloses Vergnügen, die Befriedigung der Primärbedürfnisse des Menschen rückt mehr und mehr in den Vordergrund und die „Bürgerpflichten“ treten in den Hintergrund.

Der Mensch aber erkennt irgendwann den desolaten Zustand einer orientierungslos gewordenen Demokratie und ruft nach einer ordnenden und durchgreifenden Macht. Diese findet sich durchaus in Menschen, deren Erstinteresse nicht das Wohl der Gesellschaft, sondern das Ausüben uneingeschränkter Macht ist.

Jene, so Sokrates, treten anfangs als menschenfreundliche Persönlichkeiten auf, die ihre Bereitschaft erklären, die Gesellschaft zu retten. Sie machen Versprechungen und bieten einfache Lösungen an.

Sind bauen Feindbilder auf, mit denen sie ihr Agieren rechtfertigen und sich als Befreier, Retter darstellen – ggf. beginnen sie dazu auch einen Krieg.

Das Volk nimmt war, dass da etwas in Bewegung kommt und ist erst einmal positiv gestimmt. Der Agitator zementiert damit seine Macht. Um diese Macht zu sichern, verfügt er über Machtsysteme, die Kritik oder Opposition mehr und mehr unterbinden oder gar eliminieren.

Und damit löst also ein Tyrann die Demokratie ab. Heute nennt man das auch Diktator.

Dass solche Gedanken, die man im Buch „Politeia“, in den Büchern VIII und IX findet, und die Platon als Schüler von Sokrates verfasst hat, den Mächtigen der Gesellschaft du auch etlichen Bürgerinnen und Bürgern nicht gefällt, ist selbstredend.

Heute ist das ja nicht anders.

Da Sokrates eben allumfassend kritisierte, die Jugend aber mit seinen freien und unkonventionellen Gedanken gewinnen konnte, warf man ihm vor die Jugend zu verderben, dem Saat zu schaden und die Götter zu verspotten.

Nichts von alledem war wirklich wahr.

Sokrates forderte die Menschen einfach nur auf bei allen Gegebenheiten das Denken nicht abzuschalten, sondern vielmehr zu forcieren durch Bildung, Weisheit, Selbstreflexion und stetigem und regen Austausch mit den Menschen, um voneinander zu lernen und mittels Selbsteinsicht neue Erkenntnisse zu gewinnen und sich dem Guten mehr und mehr zu nähern.

Das war den meisten gefährlich, weil es Bestehendes in Frage stellt und anderen zu anstrengenden, weil es von der oberflächlichen Ablenkung des Vergnügens und der Äußerlichkeiten zur anstrengenden Mitarbeit an Mensch und Gesellschaft aufforderte.

So ist es auch kein Wunder, dass Sokrates seine Verurteilung als ungerecht empfand, denn er sah sich als einer, der dem Staat und den Menschen in der Gesellschaft durch seine aufrichtige, ehrliche, durchaus auch sture Art diente Erkenntnisse zu gewinnen und Stabilität zu wahren.

Als sein Todesurteil gesprochen war [nur knapp mit 281 zu 220 Stimmen], hatte er nach den damaligen Gesetzen auch das Recht eine alternative Strafe für sich selber vorzuschlagen. In der Regel wählte ein zum Tode Verurteilter das Exil um der Hinrichtung zu entgehen.

Das fand Sokrates einerseits feige, andererseits sah sein Vorschlag so aus:

Öffentliche Ehrung seiner Person als Dank für seinen Dienst an den Mitbürger*innen durch seine philosophischen Unterweisungen und Speisung im Prytaneion – was an sich nur Olympiasieger erhielten.

Das löste beim Gericht Zorn aus und es gab eine neue Abstimmung. Dieses Mal stimmten 361 Personen für die Todesstrafe des Sokrates und nur noch 140 dagegen.

Sokrates akzeptierte das Urteil, obwohl seine Anhänger und Freunde bereits seine Flucht vorbereiteten. Sokrates aber sagte, dass man dem Gesetz nicht entrinnen, sondern es ernst nehmen soll. Und auch wenn das Urteil seiner Meinung nach falsch war, soll man Gesetzte durch den Disput und Dialog ändern und nicht vor ihnen fliehen.

So war er auch freiwillig bereit den Schierlingsbecher zu trinken.

Schierling ist eine Pflanze, die es auch in Deutschland, vor allem auf Müllhalden, Ackerrainen, Wegrändern gibt, für den ungeschulten Blick leicht mit der Schafgarbe zu verwechseln ist, und hochgiftig ist. 0,5g des Giftes dieser Pflanze ist für einen Erwachsenen tödlich.

Man mischte das zerrieben Pulver der Früchte in einen Becher mit Wasser. Das Gift begann die Wirbelsäule von unten her zu lähmen. Der zum Tode Verurteilte spürte die Lähmung von den Füßen und Beinen her und erstickte bei vollem Bewusstsein.

Lobenswert, dass Sokrates bereit war für seine Ideale zu sterben.

In Jesu Leben und Sterben erkennen wir ähnlich Persönlichkeitszüge:

  • Er war gelernter Zimmermann, aber liebte es eher durch das Land zu streifen und mit den Menschen über das Leben zu diskutieren.
     
  • Er kritisierte den Wertezerfall der Gesellschaft.        
     
  • Er beklagte die zunehmende Oberflächlichkeit, Ausschweifungen und Zügellosigkeit.      
     
  • Er legte sich mit den Mächtigen an – wie schon sei Großcousin Johannes den Täufer.      
     
  • Er versammelte vor allem junge Menschen um sich, die er mit seinen idealen erreichte und begeisterte.  
     
  • Er kritisierte vor allem den zunehmenden Glaubensverlust und dass der Glaube mehr und mehr aus äußerlichen Ritualen, aber immer weniger Tiefgang und Ernsthaftigkeit bestand.  
     
  • Und er floh nicht, als Petrus ihm das anbot, sondern starb für seine Ideale am Kreuz.

Von solchen und weiteren Persönlichkeiten lebt unser Wertesystem auch heute noch. Es bringt Achtsamkeit und Frieden, wenn man es den Idealen nach lebt und nicht für Machzwecke missbraucht.


Zu den Agoras:

Die Agoras waren ein Ensemble, das den Lebensmittelpunkt der Stadt darstellten. Alle wichtigen religiösen Kultstätten waren vertreten, kommunale und staatliche Verwaltungsgebäude, Polizei, Gericht und Gefängnis, Markt und Handelsplätze und -gebäude, Münzprägestelle und Banken, Schulen und Universitäten.

Auch traf man sich hier, um Politik zu betreiben, Feste zu feiern, Kundgebungen zu hören.

Im alten Göllheim war dies alles innerhalb der Stadtmauern zu finden und heute noch stellt der alte Teil von Göllheim einen Lebensmittelpunkt für den Ort dar, auch wenn inzwischen die Geschäfte mehr am neuen Marktplatz zu finden sind.

Aber alleine schon bautechnisch spiegelt sich der Gedanke der Agora auch in Göllheim wieder. Geschäfte, Kirchen, Verwaltung, etc. waren einst im zentralen Ensemble der Dorfmitte angelegt.

Die griechische Agora bedeutet historisch ein Gegenpol zur Akropolis, da sich hier vor allem die Bevölkerung traf und bedeutende Schritte zur Demokratie entwickelten.

Die römische Agora entstand nach der Eroberung Griechenlands durch die Römer. Da das Machtzentrum in Rom war, gestaltete sie sich eher merkantil als Treffpunkt der Bürgerschaft. Hier gab es hauptsächlich Geschäfte, eine Bibliothek, ab dem 2. Jh. auch ein Turm als Uhr (acht Sonnenuhren waren installiert) und Wetterwarte und es gab sogar öffentliche Toiletten.

Die beiden Agoras könnt Ihr anhand der Lagepläne selber besichtigen. Am Hephaistos schaut Euch bitte das kurze Video über Hephaistos an. Er ist der Gott der Schmiedekunst und nutzt die Vulkane zum Schmieden.


Kleiner Abschlussimpuls

Lied: "Da wohnt ein sehen tief in uns"


Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther

Wir verkünden die Weisheit unter den Vollkommenen, aber nicht Weisheit dieser Welt oder der Machthaber dieser Welt, die einst entmachtet werden. 

Vielmehr verkünden wir das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes, die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat zu unserer Verherrlichung. 

Keiner der Machthaber dieser Welt hat sie erkannt; denn hätten sie die Weisheit Gottes erkannt, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.

Nein, wir verkünden, wie es in der Schrift steht, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was in keines Menschen Herz gedrungen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.

Uns aber hat es Gott enthüllt durch den Geist.

Der Geist ergründet nämlich alles, auch die Tiefen Gottes.

Wer von den Menschen kennt den Menschen, wenn nicht der Geist des Menschen, der in ihm ist?

So erkennt auch keiner Gott - nur der Geist Gottes.

Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott stammt, damit wir das erkennen, was uns von Gott geschenkt worden ist. 


Impuls


Paulus macht den Christen in Korinth nochmals deutlich, dass Christen nochmals einen anderen Blick auf das Weltgeschehen haben.

Die Botschaft Jesu Christi ist eigentlich deutlich zu verstehen. Aber da sie – ähnlich wie Sokrates – sowohl rücksichtslose Macht als auch Oberflächlichkeit und Trägheit anprangert – versteht man sie nicht, wenn man sie nicht verstehen will, weil man sich entweder in rücksichtslosen Machtsystemen oder Oberflächlichkeit und Trägheit verstrickt hat und eingerichtet hat.

Zudem schließt Jesus jegliches Verhalten des Menschen in dieser Welt auf die Gebote Gottes zurück als Hilfen für ein gelungenes Miteinander der Menschheit mit sich, der Schöpfung und im Einklang mit Gott.

Deshalb ist der Christ frei von den von Macht oder Mainstream vorgegebenen Denk- und Sichtweisen.

Darum sieht der Christ mehr als der, der nur nach Macht oder Oberflächlicher Trägheit strebt.

Zumindest sollte das so sein!

Menschen, die sich Christen nennen, haben in der Geschichte des Christentums durch ihr Verhalten leider auch diesen Anspruch christlicher Sichtweise als fragwürdig erscheinen lassen, da sie sich vom hedonistischen oder promiskuitiven Leben der Gesellschaft nicht mehr unterschieden. Ihr kennt alle aus der Presse und den Medien Beispiele dafür.

Daher ist „Christsein“ ein Anspruch an die persönliche Lebensführung, die hinterfragen, aufmerken, hinweisen, ansprechen, aussprechen und helfen soll, dass sich Gesellschaft und Menschheit stets auf einem tugendhaften und guten Weg bewegt zur politischen, ethischen, spirituellen, wirtschaftlichen und ökologischen Stabilität auf Zukunft hinaus.

Der Anspruch des Sokrates an den Weisen und Philosophen unterscheidet sich bei genauerem Hinsehen kaum vom Anspruch Jesu an jene, die ihm nachfolgen und später einmal „Christen“ genannt werden.

Die Inhalte sind natürlich nochmals von anderer Art.

Nimm eine kleine hypothetische philosophische Überlegung vor:

Welche Inhalte der Lehren Jesu würde die Welt dringend brauchen, damit sich entscheidend das Schicksal der derzeitigen Welt [auch in unserem Land] zum Guten wenden kann?

Bitte denke nicht nur an „Nächstenliebe“, sondern denke auch, was Jesus mit den Menschen und für die Menschen gemacht hat, denke an die Begegnungen mit Menschen, die er hatte, wie er mit den Situationen und Fragen der Menschen umgegangen ist, und auf die politischen und religiösen Systeme seiner Zeit reagiert hat.

.....

Dein Ergebnis wird heute noch nicht besprochen! Behalte es erstmal für Dich!


„Vater Unser“ und Segen


Lied: „Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht“